Fürstliche Provinz Malorien


"Nach Malorien fragt Ihr mich? Hm, wo soll man da am besten anfangen...? Ja, vielleicht so:
Also die Fürstliche Provinz Malorien liegt ganz im Westen Thamoriens und... –
Wieso ich nicht gleich Fürstentum sage? –
Nun sicher ist es Fürst Baran von Baguin der Malorien regiert, doch ist er ein höchst liberaler Mann, der jedem seine Freiheit lassen will und wenig auf seinen Titel gibt.
Zu wenig, wenn Ihr mich fragt, aber wer tut das schon...

Sei´s drum, jedenfalls hat sein Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Großvater Gernot in grauer Vorzeit diesen Begriff der Fürstlichen Provinz geprägt. In Anlehnung an die ehemals freien Provinzen – was Ihr nun aber keinesfalls mit der Freien Provinz Ramotorien und ihren Kanzleramtsräten verwechseln dürft – sondern vielmehr auf die Thamorische Siedlungsgeschichte selbst zurückgeht, wie er wohl zu sagen pflegte.

Warscheinlich wieder solch eine spinnerte Idee jener Einfaltspinsel, die damals noch an Riesen, Feen, Drachen und das Hügelvölkchen glaubten, oder dieser Provinzrelikte, welche sich Diener Gâyas nennen. Sind grad mal noch in Malorien verbreitet, leben sehr zurückgezogen, geben so gut wie nichts von sich Preis und niemand weiß so genau, was sie eigentlich tun, aber genießen dort ein unverhältnismäßig hohes Ansehen. –
Eben Dank der fürstlichen Linie derer von Baguin-Semperbach und sehr zum Missfallen der hiesigen Kirchen...– Karte_Malorien_klein

Aber ich schweife ab. Nur noch soviel, Ihr werdet schon feststellen, dass manch einer in diesem Landstrich einfach anders tickt. Besonders in den veträumten Fischerdörfchen, wie Glynnis oder Fildh... – ja genau Fildh, wie gleichnamiger Nebenarm der Lÿre, die ja bekanntlich in Dreieich entspringt und bei Port Lee in den Thamorianischen Ozean mündet –, ...oder den entlegenen, kleinen Siedlungen entlang des Saumes, wo die Zeit mitunter stehen geblieben scheint.

Doch will ich nicht nur sticheln, denn schließlich entwickelte sich Pargan kraft eben jener selben Fürsten zur angesehenen Haupt- und Handelsstadt. Sie wussten die Zeichen der Zeit schon richtig zu deuten, als sie vom Gelben auf das Blaue Gold setzten um...–
Tststs, Ihr stammt wahrlich nicht aus dieser Gegend. Sonst würdet Ihr mich jetzt wohl kaum so verdutzt ansehen – Ich rede von der Entscheidung vom Getreide auf den Lain für die moderne Gewebemanufaktur umzusatteln.

Bei Lianut, Ihr könnt die weit leuchtenden Lainblütenfelder rund um Varrain oder Brûg doch unmöglich übersehen haben! – Ach, dort ward Ihr noch gar nicht? Na das erklärt's.
Aber das Wort Linnen oder Lainen ist Euch schon geläufig?
Immerhin tragt Ihr ein Hemd aus eben solchem. Wie mir scheint zwar nicht der hiesigen Quali... – Ah, seht Ihr und selbiges stoffliche Gewirk wird mit Hilfe der Lainpflanze, genauer gesagt aus den Phlaxfasersträngen ihres Stängels, hergestellt.

Aber nicht nur Phlax auch die Fasern des Wollstrauchs oder die Kapseln des Seydelbaumes, ja selbst Borkenbast aus Haevock, werden in Varrain zu Garnen versponnen. Die dann auf große Spindeln gezogen in der Gewebemanufaktur der Hauptstadt zu einfachen Stoffen, edlen Tuchen, ja sogar Teppichen verwoben werden, um sie vor Ort oder über Port Lee nach ganz Thamorien und gewiss auch darüber hinaus zu verkaufen.

Ja, hier gehen die typischen "Städter“ wie Kaufleute, Kirchenhäupter, Gelehrte, Handwerksmeister, Stadtwachen und natürlich meinereins geschäftig ihren Aufgaben nach, ebenso wie sich Marktschreier, Wirtsleute, Arbeiter und Bettler ihren Lebensunterhalt in Pargan verdienen. Kurzum es tobt das pralle Leben und regiert der Fortschritt in der Stadt.

Aber gut, auch die ländlichen Siedlungen wissen ihre Güter schon gewinnträchtig an den Mann zu bringen. So wird beispielsweise in Varrain neben Getreide auch Öl gemahlen und aus den verbleibenden Lainresten werden Heizbriketts gepresst. So dass man im Winter nicht länger auf den Torf von Dreieich oder Ramotorien angewiesen ist.

Oder nehmen wir Brûg. Obwohl vergleichsweise klein an Größe, doch durch die direkte Lage am Crom, welcher Malorien von Nord nach Süd durchzieht, begünstigt, wird in der Brûger Mühle ausschließlich Phlax gemahlen, um Papier daraus zu schöpfen.

Und selbst ein Örtchen wie Kithéna lebt augenscheinlich ganz gut von Ackerbau und Viehzucht. Vor allem Schaaf und Suhler stehen bei den hiesigen Bauern hoch im Kurs. Und außerdem lässt sich aufgrund der direkten Nachbarschaft zu Winzbach ein ordentlicher Preis für Vinlôren und ihren edlen Tropfen erzielen, selbst wenn es lang kein Niekenbacher Most ist.

Um so mehr ist es mir ein Rätsel, wie ein malorischer Landadel in dieser rohstoffreichen Umgebung so verarmen konnte, das vom einstmals stolzen Hof kaum noch die Grundmauern übrig blieben. - Ganz Recht, eine traurige Wahrheit. Die nun den umliegenden Gehöften als Mahnmal vor einer all zu ausschweifenden Verschwendungssucht dienen mag. Denn anders ist dieser sang- und klanglose Untergang einer gesamten Familiendynastie wohl kaum zu erklären.

Tja, und ähnlich bitter ist es auch um Torbingen bestellt. Genauer gesagt, wird dort eben überhaupt nichts mehr bestellt, seit eine Armee Zagroscher Zwerge dort einfiel und die Ortschaft zerstörte, da sie glaubten der ansässige Schmied hätte statt Pferde zu beschlagen in großem Maße Schwerter gefertigt. Seither ist Kaldhe Rauchfang nach Kithéna gezogen, hat dort eine neue Schmiede eröffnet und das niedergebrannte Torbingen liegt brach.
Er behauptet jedoch steif und fest man könne in mach dunklen Nächten immer noch Zeuge dieses sinnlosen Gewaltaktes werden.

An solche Spukgeschichten glaube ich für meinen Teil natürlich nicht. Wohl aber an die malorischen Mannen, die mit Unterstützung der Mark die südöstliche Grenze zu Zagrosch stets im Blick haben und schon standhaft zu verteidigen wüssten, wenn´s darauf ankäme. Und im Nordosten bildet ja zum Glück das Zagroscher Gebirgsmassiv mit angrenzender Hügelkette, die sich auf malorischer Seite bis in den Onduir-Hain schwingt, eine natürliche Barriere. Aber selbst wenn dem nicht so wäre, gibt die Hütung von Haevock wohl kaum ein lohnendes Ziel. Und selbst da ist wohl bald nicht mals mehr ein Baum zu holen.

Doch den Göttern sei Dank ist es in letzter Zeit zunehmend ruhiger um die kriegerischen Dauerquerelen zwischen Zagrosch und Malorien geworden.
Weis eh keiner mehr, um was genau es den beiden Parteien ursprünglich ging. Und direkten Nutzen daraus gezogen, haben eh nur die Orken. Pah, ein widerliches Pack!

Naja, immerhin hat einst eine handfeste Auseinandersetzung mit den Zwergen die Druiden in ihrem Grenzwald mächtig aufgeschreckt, dass sie Hals über Kopf die Große Lichtung verließen, sich in alle Winde zerstreuten und so ihr Zirkel zerschlagen wurde. Muss aber auch wüst ausgesehen haben. Man sagt, der Funkenschlag der zwergischen Kriegsäxte und Hämmer- hätte damals den Steinkreis zum Schmelzen gebracht...–
Als ob so etwas überhaupt möglich wäre! – Aber wie dem auch sei, jedenfalls ist er dem Erdboden gleichgemacht.

In unmittelbarer Nähe findet sich jedoch noch eine seltsam anmutende Felsformation, ähnlich einer Faust, die ermahnend einen Finger gen Himmel hebt. Einstmals wohl so etwas wie eine Kultstätte Gâyas. Doch auch dort habe ich schon lang keinen Druiden mehr gesehen, obwohl die malorischen Wälder auch nicht zu meinen bevorzugten Reisezielen gehören, wie Ihr Euch sicher vorstellen könnt.

Nicht dass ich jenen Merkwürdigkeiten über den Saum oder andere sagenhafte Stätten überhaupt Glauben schenken würde, die so gern von manch Einfältigem oder gar Wichtigtuer in haarsträubenden Geschichten zum Besten gegeben werden.
Nein, bewahre. Aber Vorsicht hat ja bekanntlich noch keinem geschadet...
Vor allem da ich gerade mit so wertigen Mustern unterwegs... –
Ach Herrjeh! Meine Tuchen ...der Markt... ich muss mich beeilen!
Aber schön Eure Bekanntschaft gemacht zu haben.
Und wenn Euch mal wieder der Sinn nach einem Plausch oder vielleicht gar nach einem edlen Stöffchen steht, so fragt einfach in Pargan oder der Mark nach Jaeris Kanderain."